Wine and Travel Week 2024 – Das facettenreiche Portugal
Nach dem Erfolg im Jahr 2023 fand die Wine and Travel Week Portugal 2024 erneut in der malerischen Stadt Porto statt. Bereits im ersten Jahr wurde die Veranstaltung mit dem Titel „Best Luxury Wine Travel Event in Europe“ bei den Luxury Lifestyle Awards 2023 ausgezeichnet. Somit eilte dem Event bereits ein großartiger Ruf voraus, und ich fühlte mich sehr geehrt, daran teilnehmen zu dürfen.
Unterstützt wurden die Organisatoren der ESSÊNCIA Company, die selbst ihr 20-jähriges „Essência do Vinho“ Jubiläum im Palácio da Bolsa in Porto feierten, von Turismo de Portugal und dem Great Wine Capitals Global Network. Die Wine and Travel Week Portugal 2024, die ich zum ersten Mal besuchte, erwies sich als attraktives Ziel für internationale Fachleute und zählt bereits zu den wichtigsten Terminen für Aussteller, Einkäufer und Journalisten im Weinbereich. Überzeugend waren vom ersten Tag an das sehr hohe Niveau, das Engagement und der Enthusiasmus sowie die enorme Unterstützung und Förderung der zahlreichen Leistungsträger, die am portugiesischen Wein- und Tourismussektor beteiligt sind.
GRENZENLOS
Unter den 164 Unternehmen waren 67 Aussteller. Hierzu gehörten nicht nur Teilnehmer aus Portugal, sondern auch aus Spanien. Castilla y Léon war zum ersten Mal als aktive Region an der Veranstaltung beteiligt und stellte sich ebenfalls vor. Es reisten zudem zahlreiche Experten aus Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Japan, Dänemark und Schweden sowie aus den USA, Kanada, Israel und der Ukraine an. Gerade die ersten beiden Tage erwiesen sich dabei zweifelsohne als die wichtigsten der Woche. Dort wurden beim Networking nicht nur die Grundsteine für zukünftige Partnerschaften gelegt, Ideen und Kontakte ausgetauscht, sondern auch Freundschaften geknüpft. Die Kommunikation war auf allen Ebenen äußerst intensiv.
Am Sonntag nach einem schnellen Hotel-Check-in begann das Wochenprogramm mit einer Willkommensfeier in der faszinierenden World of Wine (WOW), in Vila Nova de Gaia. Nach einer kleinen Erfrischung und etwas Smalltalk in gemütlicher Atmosphäre, musikalisch begleitet, wurden dem interessierten Publikum sieben portugiesische Weinregionen vorgestellt. Danach erfolgte eine Tour durch das WOW-Projekt. Der portugiesische Wein lockerte schnell die Zungen, was zu lebhaften Diskussionen unter erfahrenen und neuen Kollegen führte. Damit war das Eis gebrochen – eine vielversprechende Woche voller Aktivitäten und Inspiration konnte beginnen.
SPEED-DATING IN PORTO
Die B2B-Meetings, die im Vorfeld der Veranstaltung zwischen allen Beteiligten vereinbart wurden, fanden am Montag und Dienstag im Museu Nacional Soares dos Reis statt. Das Museum besticht durch seine beeindruckende Ausstellung über die fast 200-jährige Geschichte der Entstehung der Museen, sowie durch seine Kunstwerke, Keramiken und Skulpturen.
Der Tag begann pünktlich um 9.00 Uhr und die vorgesehenen 15-Minuten-Slots waren schon bald eine echte Herausforderung – was ausschließlich positiv zu verstehen ist, denn der Informationsstrom war enthusiastisch, lebhaft und in seiner Gesamtheit überwältigend.
Bei meinen eigenen Terminen hatte ich die Möglichkeit mit den Verantwortlichen der regionalen Tourismusverbände, den Inhabern und dem Führungspersonal von Quintas, großen und kleinen Destination Management Companies (DMCs) und, während meiner Post-Tour nach Central Portugal, auch mit internationalen Einkäufern zu sprechen.
Mit dem Centre of Portugal Tourism Board (Filipe Pinto), der Regional Agency for Tourism Promotion of Alentejo (Ruben Obadia), dem Algarve Tourism Bureau (Hugo Nascimento) und mit Teresa Ferreira, Geschäftsführerin bei Media Travel & Logistics (MTLV) führte ich interessante Gespräche. Teresa und ihr Team waren für die gesamte Veranstaltungslogistik aller Teilnehmenden verantwortlich.
Mein persönliches Table-Hopping, das definitiv einem Speed-Dating ähnelte, führte mich auf eine Reise von den Azoren (mit Filipe Rocha – Azores Wine Company) bis in den Norden Portugals (mit Maria Branquinho – Porto and the North of Portugal), vom Douro Valley (mit Marta Marques – Wild Douro) bis zur Vinho Verde Wine Route (mit João Paupério). Zu renommierten Portweinhäusern wie The Symington Family Estates (mit Teresa Symington Caxide und Ana Pinto) und zu Luxusdestinationen wie dem Monverde Wine Experience Hotel und Quinta da Lixa (mit Miguel Ribeiro und Pedro Lopes).
Ich reiste gedanklich an weniger bekannte Orte, wie dem Terra Rosa Country House and Vineyards in Vinho Verde (und Eliana Monteiro) oder auch ins berühmte Douro Valley nach Quinta Dona Matilde (mit Filipe Barros). Die Botschaft war bei allen Gesprächen sehr deutlich: Das Bestreben, Portugals wertvolle Position als top Wein- und Tourismusdestination und attraktiven Key-Player auf dem internationalen Markt zu stärken, stand an erster Stelle.
UNDER PRESSURE
Der Wettbewerbsdruck und die Konkurrenz auf der internationalen Bühne sind selbstredend sehr hoch. Das Angebot an touristischen Erlebnissen geht heute weit über eine einfache Weinverkostung oder Kellereibesichtigung hinaus. Die Liste der kreativen und originellen Ideen, um Weinproduktion und Weintourismus erfolgreich zu vereinen, ist lang und nimmt stetig zu. Es besteht jedoch ein großer Unterschied zwischen der Einführung des Tourismus in ein Weingut und einem bereits bestehenden Tourismusangebot, das durch den Wein ergänzt wird.
Die direkte Interaktion und das Weitergeben von Weinwissen an die Besucher sind gefragter denn je. Mit den hohen Erwartungen und Anforderungen der Gäste steigt jedoch auch deren Kaufbereitschaft. Von luxuriösen Unterkünften bis hin zu traditionelleren und einfacheren Häusern bietet Portugal etwas für jeden Geldbeutel und für jeden Anspruch.
Wanderungen durch die Weinberge und Touren werden mit hausgemachten Picknicks und traditionellen Mahlzeiten aufgewertet. Einige finden bei Sonnenuntergang während einer Tour mit dem hauseigenen Jeep statt, andere bieten ihren Gästen Weinbergs-Fahrten in altertümlichen und renovierten Eisenbahnwägen an.
„Mitmachen“ scheint wichtiger zu sein als das „Erlebnis“ selbst. Malen mit Wein oder das Erlernen der alten Kunst des Fliesenmalens sind nur zwei Beispiele, die, zusätzlich zum Weingenuss, die Kundenbindung und die Beziehung stärken. Auf jeden Fall trägt die Herzlichkeit der Portugiesen dazu bei, den Genussfaktor zu erhöhen. Darüber hinaus verfügen manche Weingüter über moderne Einrichtungen und die notwendige technische Ausstattung, um Team-Building-Events für Unternehmen oder Firmenfeiern zu veranstalten. Die Qualität an der Catering-Front durften wir Teilnehmer schnell selbst bestaunen.
GELEGENTLICH MAL DIE HANDBREMSE ZIEHEN
Zwei faszinierende und beeindruckende Tage waren fast vorbei, als ich am Dienstag, gegen Ende meiner Gespräche, Eliana Monteiro Rosa traf. Eliana, die in der portugiesischen Weinbauregion Vinho Verde lebt, verkündete stolz, dass sie nichts von alledem tue, was ich bisher beschrieben habe. Ihr Projekt, das Terra Rosa Country House and Vineyards, ist sowohl ein Zeugnis der Vergangenheit als auch eines der Moderne. Es ist eine bezaubernde Vater-Tochter-Geschichte, die 2021 dazu führte, dass sie ihre Türen für Gäste öffneten.
Eliana ist gelernte Innenarchitektin und hatte mit der Weinwelt lange nur wenig Berührungspunkte. Nachdem sie ihren Vater erfolgreich davon überzeugen konnte, ihr Projekt finanziell zu unterstützen, begann Eliana mit den ersten Renovierungsarbeiten. Als äußerst zugängliche und einfühlsame Persönlichkeit hat Eliana ein Auge fürs Detail. Ihre Charaktereigenschaften und ihre Kreativität spiegeln sich in der Einrichtung des Hauses und dessen Renovierung wider. Die Ausstattung, unter Verwendung von gebrauchten oder ausrangierten Materialien, verleiht nicht nur dem Gebäude, sondern auch den alten Accessoires neues Leben.
„Die Hauptbeschäftigung unserer Gäste ist das Nichtstun“, sagt Eliana während unseres Gesprächs ganz stolz und mit einem Schmunzeln im Gesicht. „Manchmal rufen mich Leute an und fragen mich, was wir alles so anbieten, und meine Antwort ist einfach: Nichts! Wenn Sie einen Pool, Sport, Wellness oder ein Tagesprogramm erwarten, buchen Sie uns bitte nicht, denn Sie werden sich hier schnell langweilen!“
William Shakespeare sagte mal: „Der Sinn des Lebens besteht darin, seine Begabung zu finden. Der Lebenszweck ist es, diese zu verschenken.“ Indem Eliana ihren Gästen nichts weiter als Gelassenheit und Ruhe schenkt, ihnen die Möglichkeit gibt, einfach nur sie selbst zu sein, wird ihr persönliches Verständnis vom Sinn des Lebens sehr deutlich. In einer zunehmend schnelllebigen und kompetitiven Welt war das Musik in meinen Ohren.
EIN MUTIGER ABSCHIED AUS DER TRADITION
Ein Weingut, mit dem ich mich sofort verbunden fühlte und dessen Weine ich bei meinem Besuch gleich zweimal probieren durfte, war Soalheiro. Es ist Vorreiter bei der Vinifizierung von Alvarinho in Melgaço und liegt nur 50 Kilometer von der Küste entfernt, in der schönen Weinregion Vinho Verde.
Zum Gespräch war ich mit Maria João Cerdeira verabredet. Maria, Tierärztin von Beruf, ist heute sowohl für die Weinberge als auch für die Herstellung der eigenen Kräutertees verantwortlich, und empfing mich zusammen mit ihrem Kommunikationsmanager, João Almeida.
Zusammen mit ihrem Bruder António Luís Cerdeira, der für den Bereich Önologie zuständig ist, produziert Maria Weine von internationaler Bedeutung und vermarktet diese in über 40 Ländern weltweit.
1974 traf die Familie eine wichtige und geschäftsverändernde Entscheidung: Sie bepflanzten einen vorher mit gemischten Reben bestückten Weinberg (wie es traditionell üblich war) mit nur einer einzigen Sorte: der Alvarinho. Der Weinberg trug den Namen Soalheiro, und so entstand 1982 unter gleichem Namen die erste eigenständige Marke für Alvarinho in Melgaço. Ein mutiger Schritt, der sich auszahlte. Bald wurde die Familie zum Vorbild für viele andere Erzeuger der Region, und im Jahr 1995 produzierte das Weingut Soalheiro den allerersten Schaumwein, der ausschließlich aus der Alvarinho-Traube gekeltert wurde.
Der Mut dieser Familie, sich von alten Traditionen zu entkoppeln, hat seither mehr als 180 Familien dazu bewegt, sich ebenfalls dem Anbau der vielseitigen weißen Rebsorte zu widmen. Festgehalten wurde dieses Engagement in einer wunderschön gebundenen Dokumentation mit dem Titel „Patchwork“. Es ist ein lebendiges Zeugnis der Soalheiro-Philosophie und ihrer Vision. Eine Geschichte der Leidenschaft von Menschen, die nicht primär im Weinbau tätig sind, und ihrer entschlossenen Hingabe.
Die Region Melgaço hat, wie ich finde, zurecht besondere Anerkennung für ihre außergewöhnlichen Gegebenheiten erhalten. Dank ihres einzigartigen Klimas strömt warme, feuchte Meeresluft in die Region und das gebirgige Umland bietet Schutz vor kalten Winden aus dem Landesinneren. Darüber hinaus trägt die geologische Vielfalt der Region mit seiner Kombination aus mineralreichem Schiefer, lehmigen Flussbetten und Sedimentgesteinen zur Erzeugung von großartigen Weinen bei. „Unser Bestreben ist es, das Terroir in unseren Weinen zum Ausdruck zu bringen,“ erklärt mir João, „denn wir glauben an den Charakter und die Besonderheit der geologischen Vielfalt hier.“ Soweit ich es nach meiner Verkostung beurteilen kann, haben sie ihr Ziel erreicht.
Aber Soalheiro produziert nicht nur hervorragende Weine. In ihrer Casa das Infusões bieten sie eine sehr attraktive Übernachtungsmöglichkeit, bei der auf die Verwendung traditioneller und biologisch angebauter Produkte aus eigenem Anbau großen Wert gelegt wird. Zum Angebotsumfang gehören eine interessante Auswahl an Weinerlebnissen, ein Einblick in die eigene Teeproduktion und das Soalheiro-Innovationszentrum, in dem Gäste die Möglichkeit haben, selbst aktiv zu werden. Grund genug, ihnen einen Besuch abzustatten.
GASTFREUNDSCHAFT AUF PORTUGIESISCH
Während und nach den ersten beiden Tagen intensiven Dialogs bekamen die Teilnehmer der Wine and Travel Week 2024 noch einiges mehr geboten. Die portugiesische Kultur und traditionelle Küche wurden ausgiebig zelebriert und im Verlauf der Woche speziell ausgearbeitete Touren zu verschiedenen Reisezielen außerhalb von Porto angeboten.
Das Mittagessen am Montag, zum Beispiel, wurde von Küchenchef Renato Cunha in der Casa do Vinho Verde (Palacete Silva Monteiro) angerichtet. Das köstliche Menü, das unter der Hitze der portugiesischen Sonne im Freien gekocht und serviert wurde, umfasste auch eine ausgezeichnete Auswahl an gekühlten Weinen aus Vinho Verde. Am Abend feierte Porto, als stolzes Gründungsmitglied des Great Wine Capitals Global Network, die 20. Ausgabe der The Best Of Wine Tourism Awards 2024. In Portos klassizistischer Casa da Música wurden in neun verschiedenen Kategorien Innovation und Exzellenz, Leidenschaft und harte Arbeit, und natürlich auch die Förderung des portugiesischen Tourismus gewürdigt.
Zu den Kategorien gehörten: Beste Unterkunft, Architektur und Landschaft sowie der People‘s Choice Award. Alle Gewinner finden Sie hier. Die Abendveranstaltung war eine gelungene Mischung aus Musik, Moderation und verdammt gutem Essen.
Am Dienstagnachmittag endete der offizielle B2B-Teil mit einem späten Mittagessen im Nationalmuseum Soares dos Reis. Verwöhnt wurden wir von dem mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichneten Küchenchef, Rui Paula. Begleitend zum Essen gab es Stillweine aus Alentejo und aus Tejo, sowie einen zwanzig Jahre alten Tawny Port.
Am Abend war die spanische Gastregion Castilla y León unser Gastgeber. Eröffnet wurden die Festivitäten mit der Uraufführung von „MERINA - El Oro Español“, einer Komposition aus Musik, Tanz und Mode, in der die Geschichte der Merinowolle gefeiert wurde.
In starkem Kontrast zur Show war die anschließende Galanacht ein Fest der Farben, das im prachtvoll dekorierten Kloster von Mosteiro São Bento da Vitória stattfand.
Diese beeindruckenden Qualitätsstandards waren nur ein Vorgeschmack auf das, was uns noch bevorstand: Am nächsten Tag begannen unsere individuellen Tour Aktivitäten.
Für diejenigen, die nicht mitreisten, erfolgte der Startschuss zur 20. Ausgabe der Essência do Vinho, Portugals wichtigster und sehr gut besuchter Weinmesse. Eine hervorragende Gelegenheit, die portugiesische Welt der Weine von Nord bis Süd zu verkosten.
Für mich hieß es ab nach Zentralportugal, doch diesen Erlebnissen möchte ich ein eigenes Kapitel widmen.
So viel sei vorweggenommen: Es war wieder einmal eine erlebnisreiche Zeit in Begleitung weiterer sympathischer Kollegen – drei spannende Tage, mit noch mehr energiegeladenen Gesprächen. Dabei sind einige neue Ideen und Pläne entstanden: Portugals Weintourismus kann sich auf die Zukunft freuen.
Fotocredits: Gail Treuer, ©Revista de Vinhos, Soalheiro, Eliana Monteiro Rosa
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