TROLLBACHTAL, Nahe
Die Kultur- und Weinbotschafter Nahe haben eine interessante Sammlung ihrer "Lieblingsplätze" veröffentlicht, zu der ich gerne einen Beitrag geschrieben habe und lade Sie nun zu einem kleinen Spaziergang ein.
Schnallen Sie sich die Wanderschuhe an, los geht`s!
Dass man in Deutschland, zumindest bis in die 1970er Jahre, seinen Wein auf Rezept bekommen konnte, wussten Sie bestimmt nicht, richtig? Wenn das heute noch immer so wäre, würde ich auf jeden Fall darauf bestehen, dass mein Wein von der NAHE-Weinbauregion stammt. Genauer gesagt aus dem "Trollbachtal" wo ich, seit mehr als 35 Jahren zu Hause bin.
Obwohl ich noch keinen einzigen Troll, Gnom oder Kobold hier gesehen habe, kommen mir einige der Ortsansässigen in den Sinn, wenn ich diese Begriffe höre.
In diesem schönen, versteckten Tal, ein kleiner Seitenarm der Nahe, trifft man auf beeindruckende Felsformationen, denen man recht seltsame Namen gegeben hat: Der Nikolaus, die Drei Kamele und der Eierfelsen, über die ich Ihnen bei Ihrem Besuch gerne mehr erzählen kann.
Wenn man durch das erdgeschichtlich interessante Nahetal fährt, fällt einem allerdings die Vielzahl der Weinberge auf. Und zwar nicht irgendwelche historischen Weinberge.
Insgesamt drei klassifizierte „Grand Cru“ Einzellagen befinden sich in dem Trollbachtal und mit ihnen natürlich einige herausragende Weingüter, bei denen ich regelmäßig ein Besuch abstatte.
Die deutsche Weinbauregion NAHE mit seinem milden Klima, seiner geologischen Vielfalt und der dadurch entstandenen unterschiedlichen Bodenverhältnisse, den Tälern mit ihren sanften Hügeln und sich schlängelnden Wasserwegen, den Trauben in allen Farben, Größen und Varianten und natürlich den innovativen und engagierten Winzern kann es mit den besten Wein Regionen der Welt aufnehmen.
Sollten Sie aufgrund meiner englischen Wurzeln an meinem Urteil zweifeln, dann schlage ich doch vor, Sie überzeugen sich selbst, am besten gleich vor Ort.
Über 30 Jahre Erfahrung habe ich bereits gesammelt. Ich habe inzwischen einiges verkostet, verglichen und Weinbewertungen geschrieben. Vieles habe ich ganz einfach genossen. "Die Arme...", höre ich Sie sagen... und ja, jeder Jahrgang ist anders und Wein ist und bleibt, ein faszinierendes Thema.
Einige Weinbergs-Lagennamen im TROLLBACHTAL deuten wortwörtlich auf eine reiche Entstehungsgeschichte hin: das PITTERMAENNCHEN – so nannte man früher die Silbermünzen, das GOLDLOCH - lässt auf eine Goldgrube vermuten, und es scheint tatsächlich ein Bergwerk gegeben zu haben - allerdings für Kupfer, der BURGBERG - das Schloss auf dem Felsen.
Vor hunderten von Jahren war das Tal tatsächlich ein wichtiger Handelsweg zwischen dem Rhein und dem nahe-gelegenen waldreichen Hunsrück. Die kleine Burg Layen, die im 12. Jahrhundert erbaut wurde, diente nicht nur dem Schutz dieser Route, sondern beherbergte auch eine Handvoll Ritter, die damals dort das Sagen hatten.
BURG LAYEN, die bescheidene Burganlage, die einst über eine eigene Mühle verfügte, die in früheren Zeiten eine zuverlässige Einnahmequelle für die Grundherren bildete, liegt heute zum größten Teil in Trümmern. Die Burg und die Mühle, einschließlich einige umliegenden Gebäuden und Ländereien, befinden sich heute im Besitz von zwei Winzerfamilien und sind zweifellos einen Besuch wert.
Ein Frühlingsspaziergang durch die Weinberge ist wirklich empfehlenswert, auf Wunsch begleite ich Sie dabei. Zu dieser Jahreszeit blüht schon einiges in den Weinbergen und die Luft ist mit einem süßen Duft gefüllt.
Nach der langen Winterruhe erwachen die Weinberge allmählich zum Leben und mit ihnen einige andere Bewohner wie Insekten, Vögel. Leider werden auch größere Tiere wie Wildschweine, Hasen und Rehe, die einige schwere Schäden anrichten können, aktiv.
Im Sommer ist alles üppig grün, voller Vitalität und die kleinen Trauben kündigen an, worauf jeder Winzer sich freut. Im Herbst, wenn die Erntezeit naht, verfärbt sich das Laub von grün zu orange, von orange zu rot, ein Lichtermeer der Farben. Die Reben sind bald voll mit prallen, saftigen, reifenden und gesunden Weintrauben.
Die Spannung und zugleich die Vorfreude auf die Geburt des neuen Jahrgangs erfüllen die laue Spätsommer Luft mit gespannter Erwartung. Ein langes Jahr harter, je nach Wetterlage möglicherweise nervenaufreibender Arbeit erreicht seinen Höhepunkt.
Auf eine Holzbank am Weinbergs-Rand können Sie eine kurze Pause nehmen, die stimmungsvolle Atmosphäre einatmen und dabei, einen der vielen rassigen Rieslinge, die auf diesen schieferhaltigen, mineralischen Böden wachsen, genießen.
Es muss natürlich nicht beim Riesling bleiben. Hier gibt es einige andere Rebsorten, die weniger säurebetont sind.
In diesem Fall empfehle ich gerne einen leichteren, aber fruchtigen Weißburgunder oder einen kräftigen Grauburgunder mit ein Paar mehr Umdrehungen.
Da verschiedene Sorten auf den höher gelegenen Hängen, wo die Böden mehr Kalkstein und Lehm enthalten, gut gedeihen, ist für jeden Geschmack und Geldbeutel etwas dabei. Von Riesling bis Regent, von Chardonnay bis Pinot Noir, ein genussvolles Fest und neue Weinerfahrungen erwarten Sie.
Leicht anzutreffen sind die Winzer nicht, denn sie sind ein vielbeschäftigtes Völkchen. Aber wenn Sie doch das Glück haben, sie zu erwischen, werden sie Sie ganz bestimmt nicht weggeschicken.
Die beste Zeit, um alle Köstlichkeiten dieses schönen Tals zu probieren, ist sicherlich das Pfingstwochenende.
Für Weinliebhaber, die zu dieser Jahreszeit Deutschland besuchen, ist das WEINHÖFEFEST ein Muss und ideal für Jung und Alt. Von der Live-Musik bis hin zu kulinarischen Highlights, einer Oldtimer-Ausstellung und sogar einem sportlichen Rennen durch die Straßen, ist das WEINHÖFEFEST die perfekte Gelegenheit, praktisch alle Weine unserer heimischen Winzer zu probieren. Guter Gesellschaft, einer wunderbaren Atmosphäre und alles zu Fuß erreichbar.
Apropos zu Fuß gehen, der von mir an diesem Wochenende geführte Weinverkostung "vom Hof zu Hof" ist für mich persönlich auch ein jährliches Highlight.
Also, worauf warten Sie? Schauen Sie in ihrem Kalender nach und merken Sie sich den Termin schon mal vor, sofern Sie es nicht schon getan haben!
Ich freue mich auf Sie.
Zum Wohl!
Gail
Diese und viele weitere Naheland-Tipps finden Sie hier: Lieblingsplätze der Kultur- und Weinbotschafter Nahe (2. Auflage) 164 Seiten, 17 Euro, Verlag Matthias Ess (ISBN 978-3-945676-50-9)
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